Article,

Gruppe und Netzwerk: Eine begriffsgeschichtliche Rekonstruktion

.
Berliner Journal für Soziologie, 16 (2): 245--263 (2006)

Abstract

Der Aufsatz entwickelt drei zentrale Argumente: 1. Der Gruppenbegriff --- im frühen 20. Jahrhundert eines der Kernkonzepte der Soziologie --- verliert zwischen 1960 und 1970 an Bedeutung. Er wird als Metapher für Verflechtungen sozialer Beziehungen zunehmend vom Netzwerkbegriff verdrängt. 2. Während der Gruppenbegriff abgeschlossene soziale Einheiten suggeriert, betont der Netzwerkbegriff die interrelationale Verknüpfung von Beziehungen und sozialen Kontexten miteinander. Gerade die komplexen sozialen Strukturen der Moderne sind besser mit dem Netzwerkbegriff zu fassen. 3. Gruppen sind Spezialfälle von Netzwerkstrukturen. Gruppen sind „involuierte'' Netzwerke, in denen eine sinnhaft konstruierte soziale Außengrenze zum zentralen Orientierungspunkt wird und für eine tendenzielle Ausrichtung von Netzwerkbeziehungen an der sozialen Grenzziehung sorgt. Diese drei Argumente werden in einem geschichtlichen Überblick über die Behandlung von Gruppen und Netzwerken in verschiedenen Ansätzen der soziologischen Theorie entfaltet. Diskutiert werden vor allem die Formale Soziologie in Deutschland um Georg Simmel und Leopold von Wiese, der Symbolische Interaktionismus, die britische Sozialanthropologie und die amerikanische Netzwerkanalyse sowie die jüngsten Entwicklungen der Phänomenologischen Netzwerktheorie um Harrison White in den USA. Der verfolgte Ansatz betont die Eigendynamik von Sozialbeziehungen und Beziehungsgebilden (wie z.B. Gruppen) auf der Mesoebene.

Tags

Users

  • @stromgeist

Comments and Reviews