Article,

Der heilige Simeon (gest. 1035), Grieche im fatimidischen Orient und im lateinischen Okzident. Geschichten und Geschichte

.
Historische Zeitschrift, (2010)

Abstract

Die aufschlußreichsten Quellen für die Geschichte Simeons – bald nach 960 in Syrakus geboren, in Konstantinopel aufgewachsen und danach als freiwillig Fremder in verschiedenartigen religiösen Lebensformen, zuletzt als Mönchseremit, über mehrere Jahrzehnte zwischen Antiocheia und dem Roten Meer – bieten Geschichten. Diese erzählte Simeon seit seiner Reise, zu der er 1026 im Auftrag seines herausragenden Klosters am Berge Sinai an den Hof des Herzogs der Normandie in Rouen über Fustāt-Kairo aufbrach und dabei mehrmals vom Ziel abgelenkt wurde, dem Benediktinerabt Eberwin von Trier und diesem nahestehenden Personen, darunter dem einflußreichen Reformabt Richard von St. Vanne, wie auch dem literarisch versierten Benediktinermönch Ademar von Angoulême in Aquitanien. Letzterer reicherte mit seinen stark von eschatologischen Vorstellungen geprägten Erinnerungen an die Erzählungen Simeons vom Sommer 1027 seine Historia der Franken mit universalhistorischen Aspekten an. Eberwin gründete seine Vita Simeons auf Erinnerungen an die zahlreichen Gespräche, die er selbst und andere aus seinem Bekanntenkreis mit Simeon zwischen dem ersten Zusammentreffen auf der bis dahin größten Pilgerfahrt ins Heilige Land in Antiocheia zu Beginn des Jahres 1027 bis zu dessen Tod am 1. Juni 1035 geführt hatten. Die Vita diente der vom Trierer Erzbischof initiierten, nur etwas mehr als ein halbes Jahr später durch den Tuskulaner-Papst Benedikt IX. vollzogenen Heiligsprechung des Griechen, der nach der Begleitung Poppos auf dessen Pilgerfahrt ins Heilige Land fünf Jahre in der Trierer Porta Nigra als Inkluse gelebt hatte und darin auf eigenen Wunsch nach griechischem Ritus bestattet worden war. Unter strikter Berücksichtigung der verschiedenartigen Wahrnehmungen, Interessen und Einstellungen beider Autoren und durch eine systematische Einbeziehung anderweitig überlieferter historischer Vorgänge im Umfeld der Lebenssituationen des römisch-lateinischen Heiligen, der bis zu seinem Tode Konstantinopolitaner blieb, werden neue Einsichten gewonnen über diesen Vermittler zwischen Okzident und Orient und über die Vielfalt und Intensität der Beziehungen zwischen den drei Kontinenten am Mittelmeer mehrere Jahrzehnte vor und nach der Jahrtausendwende.

Tags

Users

  • @avs

Comments and Reviews