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Virtuelle Realität als Ergänzung des Laufbandtrainings zur Rehabilitation von Gangstörungen bei Patienten mit Schlaganfall und Multipler Sklerose

, , , , , and . (2019)

Abstract

Die Technik der virtuellen Realität (VR) bietet neue Behandlungsmöglichkeiten in der Rehabilitation neurologischer Erkrankungen. Vorherige Studien haben gezeigt, dass ein VR-basiertes Laufbandtraining bei Patienten mit Gangstörungen nicht nur den physischen, sondern auch den psychischen Therapieerfolg steigert und damit eine sinnvolle Ergänzung zum herkömmlichen Gangtraining darstellt. In der vorliegenden Studie wurde untersucht, welche Auswirkungen die immersive Darbietung einer virtuellen Umgebung (über ein Head-Mounted-Display, HMD) gegenüber der semi-immersiven Darbietung der VR (über einen Flachbildmonitor) und dem herkömmlichen Laufbandtraining ohne VR hat. Dazu durchliefen zunächst 36 gesunde Probanden und anschließend 14 MS- bzw. Schlaganfallpatienten mit Gangstörungen jeweils die drei verschiedenen Laufbandbedingungen (immersiv, semi-immersiv und ohne VR). Die eingesetzte virtuelle Umgebung enthielt Gamification-Elemente zur Motivationssteigerung und wurde auf Grundlage der Selbstbestimmungstheorie nach Ryan und Deci implementiert. Die Studie mit gesunden Probanden diente dazu, die Gebrauchstauglichkeit (Usability) zu prüfen und technische Defizite aufzudecken. In einer Proof-of-Concept-Studie mit 14 MS- und Schlaganfallpatienten wurde anschließend anhand der Anwendung getestet, ob Patienten mit einem VR-gestützten Laufbandtraining im Rahmen der Behandlung ihrer Gangstörungen (EDSS < 6) ihre Lauffähigkeiten verbessern können. Primäres Outcome Maß war in beiden Studien die durchschnittliche Laufgeschwindigkeit innerhalb der einzelnen Bedingungen. Mittels standardisierter Fragebögen wurden zusätzlich Motivation, Benutzerfreundlichkeit, Präsenzerleben (Igroup Presence Questionnaire) und Nebenwirkungen des VR-Systems (Simulator Sickness Questionnaire) untersucht. Außerdem wurde die Präferenz der Studienteilnehmer in Bezug auf die drei Bedingungen erfragt. Sowohl in der Studie mit gesunden Teilnehmern als auch in der Patientenstudie zeigte sich bei der HMD-Bedingung eine signifikant höhere durchschnittliche Laufgeschwindigkeit als beim Laufbandtraining ohne VR. Das Präsenzerleben war in beiden Studien in der HMD-Bedingung signifikant höher als in der Monitor-Bedingung. Darüber hinaus sind keine Nebenwirkungen durch die virtuelle Welt im Sinne einer Simulator Sickness aufgetreten. Die Studienteilnehmer hatten keine relevanten VR-bedingten Haltungsschwierigkeiten oder Probleme in Bezug auf das visuelle Display. Während die Motivation bei den gesunden Probanden nach dem HMD-Durchgang im Vergleich zu den anderen beiden Bedingungen höher ausfiel, wurden in der Patientenstudie keine signifikanten Unterschiede detektiert. Dennoch gaben die Patienten an, die virtuelle Welt in der HMD-Bedingung als motivierender empfunden zu haben als in der Monitor-Bedingung. Unter allen drei Bedingungen wurde das HMD-Laufbandtraining von 71 % (n = 14) der Patienten und 89 % (n = 36) der gesunden Versuchsteilnehmer präferiert. Ebenfalls 71 % der Patienten könnten sich vorstellen, das HMD-Laufbandtraining in Zukunft häufiger zu nutzen.

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