Noch ist Europa nicht verloren. Der Zustand der Europäischen Union aber gibt Anlass zu tiefer Sorge. Das Gebilde der EU ist aus den Ruinen des Zweiten Weltkriegs erwachsen. Aus kühnen Visionen wurde in jahrzehntelangem Ringen politische Realität, aus Erzfeinden engste Verbündete. Die Spaltung des Kontinents in Ost und West, 60 Jahre eine offene Wunde, wurde überwunden. Nun droht dieses großartige europäische Projekt im Zeitraffertempo zu zerfallen. Und viele Bürger in Europa nehmen das mit einem Schulterzucken hin, als ginge es sie kaum etwas an. Sie täuschen sich.
Die Ordnung der Lohnfindung in unserer sozialen Marktwirtschaft ist aus den Fugen geraten. Gewerkschaften und Arbeitgeber alleine können es nicht richten. Deswegen ist der gesetzliche Mindestlohn, wie wir ihn heute verabschieden, eine subsidiäre Maßnahme.
Der US-Wahlkampf hob die wirtschaftspolitischen Differenzen zwischen Barack Obama und Mitt Romney deutlich hervor. Der Widerstreit ist repräsentativ für eine westliche Wirtschaftsgeschichte, die der Ökonom Johannes Müller skizziert, und dabei die neoklassische Lehre, für die auch die der gescheiterte republikanische Präsidentschaftskanditat stand, scharf kritisiert.