Das Thema „Vertrauen in Socialware“ greift Orientierungsdefizite des sozialen Handelns auf, welches sich
nicht auf die Glaubwürdigkeit der Medien, sondern auf interaktive Medien als einen Ort realer gesellschaftlicher
Komplexität bezieht. Einerseits wirkt sich die Information Richness eines Mediums auf interpersonales
Vertrauen aus, andererseits aggregieren soziale Gruppen bzw. strukturale Rollen sich auf Vertrauensstufen,
die selbst bei niedriger Informationsmenge tragfähige Entscheidungsgrundlagen anbieten, um individuelle
Handlungsrisiken zu kompensieren. Ohne Vertrauen wären multimediale Systeme zwar unterhaltsam sowie
konsumierbar, böten aber selten Möglichkeiten, Nutzen bei kalkuliertem Risiko handlungsrelevant werden
zu lassen.
1 Ausgangspunkt
Wer Vertrauen vermisst, findet es nicht mittels Suchmaschinen im Internet. Individuen können ihr
eigenes Vertrauen nicht passiv erleben, sondern es nur im aktiven Handeln schenken oder erweisen.
Sie müssen im Falle ihres Vertrauens bereit sein, das Risiko einzugehen, soziale als auch
technische Ausgangsbedingungen und Konsequenzen ihres multimedialen Handelns unvollständig
zu überblicken. Könnten sie ihre Informations- und Orientierungsdefizite nicht mittels Vertrauen
überwinden, indem sie beispielsweise einer sozialen Organisation vertrauen, wäre der Computer
als auch das Internet selten ein Ort, an dem Individuen aktiv handeln und Entscheidungen treffen.
Diejenigen, die stoisch misstrauen, handeln nicht. Sie beschaffen Informationen. Setzen sie ihr
Vertrauen indessen in eine multimedial vermittelte Sozialinfrastruktur, ermöglichen sie es sich,
eine handlungsrelevante „Socialware“ (vgl. Funakoshi. K. et. al. 2001) zu konstituieren. Wie
Vertrauen die Socialware der Informationstechnologie fundiert, zeigen folgende Überlegungen.
Ein erster Ausgangspunkt besteht darin, dass unsere Wissensmengen, unsere Archive und unsere
sozialen sowie kulturellen Gedächtnisse infolge multimedialer Systeme quantitativ gewachsen
sind. Explizites Wissen ist unüberblickbar komplex geworden. Infolge dieser Entwicklung können
wir uns als Einzelner nicht mehr überzeugen, ob eine Nachricht der Wahrheit entspricht, ob sie
glaubwürdig ist, ob sie einer Logik folgt oder eine Notwendigkeit infolge eines kausalen Geschehens
ist. Nicht nur die Komplexität des Wissens hat zugenommen, zudem ist es gleichfalls kontingent,
d.h. unser Wissen selbst ist auch anders möglich. Diese Kontingenz des Wissens zieht es
nach sich, dass zwischen wahrem/unwahrem, tatsächlichem/fiktionalem, logischem/unlogischem
und funktionalem/dysfunktionalem Wissen kontextabhängig zu unterscheiden ist.