Wer sich heutzutage in den Straßenschluchten des Kapitalismus bewegt, muss aufpassen, von einstürzenden Paradigmen und herabfallenden Glaubenssätzen nicht erschlagen zu werden; die urbanen Schauplätze der gesellschaftlichen Reproduktion gleichen einem Trümmerfeld, und wo der nächste Einschlag erfolgen wird, weiß niemand so genau. Doch uns beeindruckt das überhaupt nicht: wir suchen stattdessen auf dem Ground zero der Vermögenspreise weiter nach Überlebenden. Das Schild an der Stelle, wo früher einmal die Investmentbank stand, sagt: „Bitte nicht füttern!“. Das klingt merkwürdiger, als es in Wahrheit ist, weil sich dahinter jetzt ein Schwanenteich befindet: Diese elenden, schwarzen Viecher können mir aber gestohlen bleiben, ich rauche lieber erst mal eine Zigarette. Dabei erblicke ich auf der Verpackung den Warnhinweis der EU-Gesundheitsminister: „Langfristig sind wir alle tot“. Na also, denke ich, dann kann von jetzt an ja alles nur besser werden ...
Heute vor 125 Jahren wurde John Maynard Keynes geboren. Er gilt als einflussreichster Wirtschaftswissenschaftler des 20. Jahrhunderts. Zu seinen wichtigsten Thesen gehört die Ansicht, dass die Wirtschaft über die Zukunft nichts weiß und dass die Akteure am Markt das Vertrauen in das System verlieren können. Keynes verglich dabei die Wirtschaft mit einem Automobilmotor, bei dem die Lichtmaschine ausgetauscht werden muss: Der Staat kann durch Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen im großen Stil, durch Erhöhung der Staatsausgaben den stotternden Motor wieder in Schwung bringen. Mit seiner Schrift über die "ökonomischen Möglichkeiten unserer Enkelkinder" präsentierte er die Idee der Arbeitszeitverkürzung für alle als Fortschrittsmotor im 22. Jahrhundert, in dem jeder nur 15 Stunden in der Woche arbeitet.