25 Prozent der Verlage stehen vor dem Ruin, wenn die Autoren das Geld zurückverlangen, das ihnen laut BGH-Urteil zusteht. Mit solchen Alarmmeldungen will der Börsenverein des deutschen Buchhandels die Abgeordneten zwingen, die jüngsten Gerichtsentscheidungen zu revidieren.
Nach dem VG-Wort-Urteil des Bundesgerichtshofs ist eine Debatte um die Beteiligung von Verlegern an Kopiervergütungen entbrannt. Nach Ansicht des Rechtswissenschaftlers Martin Kretschmer zeigt sich, dass die Vermischung der Interessen von Urhebern und Verlagen sich überlebt habe. Er plädiert dafür, die jeweiligen Ansprüche wieder voneinander zu trennen und die Vergütungsrechte zu stärken.
Wie zerlegt man eine Organisation? Man braucht passende juristische Werkzeuge und eine Minderheit, die sie entschlossen nutzt: Was dann geschieht, zeigt die Mitgliederversammlung der VG Wort.
Die VG Wort macht sich strafbar, wenn sie die den Anspruchsberechtigten zustehenden Gelder nicht so bald wie möglich ausschüttet. Dafür hätte es keine Mitgliederversammlung gebraucht. Einige rechtliche Einschätzungen, die zur Versachlichung der Diskussion beitragen mögen.
Als die über 200 Mitglieder der Verwertungsgesellschaft Wort am Nachmittag nach fünf Stunden aus dem Versammlungssaal im Hofbräukeller zu München traten und matt und unterzuckert in die gleißende Sonne blinzelten, da hatten sie es geschafft, fast nichts zu beschließen.
Während meine Frau den wunderbaren Spätsommertag mit einer befreundeten Familie am Ammersee genoss, hockte ich im großen Saal des Münchner Hofbräukellers und ließ die außerordentliche Mitgliederversammlung der Verwertungsgesellschaft Wort über mich ergehen.
Der Bundesgerichtshof hat im VG Wort-Urteil den Urhebern das alleinige Recht an den Ausschüttungen zugesprochen. Seitdem zittern die Zeitungs-, Wissenschafts-, und Belletristikverlage, weil sie bereits erhaltene Tantiemen zurückzahlen müssen. Das freut alle freien Journalisten, alle Wissenschaftler – aber die Debatte gerät gerade durch eine dritte Urheberpartei in die Schieflage: Durch eben jene Autoren renommierter Buchverlage, die sich auf die Seite der Verlierer stellen, auf die Gegenseite. Analyse eines fehlgeleiteten Diskurses – mithilfe des vermutlichen strengsten Dialektikers Deutschlands.
Können Sie sich schon mal drauf einstellen: Mit der großen, tollen deutschen Buchkultur ist es jetzt vorbei. Der Bundesgerichtshof hat sie auf dem Gewissen. Mit einem Urteil entzieht er ihr die Geschäftsgrundlage – und das nur, weil er irgendsoein Gesetz unnötig gesetzestreu auslegt.
Nach einer zweiten Niederlage vor Gericht zieht die Verwertungsgesellschaft vor den BGH und hofft, dass sich das Problem bis zu einem Urteil dort auf andere Weise erledigt
Zum aktuellen <a href=http://www.boersenblatt.net/641342/>VG Wort-Urteil des Münchner Oberlandesgerichts</a> liegt inzwischen die ausführliche Begründung vor. Börsenvereinsjustiziar Christian Sprang über den Kern der Entscheidung und was sie für Verlage bedeutet - in rechtlicher und finanzieller Hinsicht.
Ende der kommenden Woche befasst sich eine außerordentliche Mitgliederversammlung der VG Wort mit dem Rechtsstreit und den notwendigen Konsequenzen daraus. Vogel tritt im Folgenden der Rechtsauffassung der VG Wort und damit auch der VG Bild-Kunst und der GEMA entgegen. Es ist auch ein Versuch, die Materie (halbwegs) verständlich aufzubereiten.
Im Prozess des Urheberrechtlers Martin Vogel gegen die VG WORT liegt jetzt die schriftliche Urteilsbegründung vor. Fazit: Autorinnen und Autoren müssen es nicht hinnehmen, dass von ihren Vergütungen Abzüge zugunsten von Verlagen vorgenommen werden. Jedenfalls nicht, wenn sie den Vertrag mit der Verwertungsgesellschaft vor dem Verlagsvertrag unterschrieben haben.
Sowohl bei der GEMA als auch bei der VG WORT werden grundsätzlich auch Verleger an den Ausschüttungen beteiligt: Zwischen 30 und 50% liegt der Anteil, den diese jedes Jahr einstreichen. Begründet wird dies mit der Notwendigkeit von Pauschalisierungen zum Zwecke der vereinfachten Verwaltung. Und mit vertraglichen Rechteabtretungen. Im Lichte des Luksan-Urteils dürfte beides nicht mehr haltbar sein.
Derzeit bietet sich die seltene Gelegenheit, einmal unter die Motorhaube des Text-Verwertungsbetriebes zu schauen und die dortigen Ränkespiele zu beobachten bzw. auch im Nachhinein zu rekonstruieren. Ermöglicht wird das durch ein (nicht rechtsrkäftiges aber lesenswertes) Urteil des Landgerichts München I und eine daraus entstandene Debatte …
Die Verwertungsgesellschaft Wort zählt zu den eher Stillen im Lande. Anders als die konfliktfreudige GEMA steht sie nicht unter Dauerbeschuss. Das könnte sich bald ändern. Denn unter den Autoren verstärkt sich der Eindruck, dass ihre Interessen bisweilen etwas stiefmütterlich behandelt werden.
Das Landgericht München hat entschieden: die Vergütungspraxis der VG Wort benachteiligt einzelne Autoren und verstößt gegen das Willkürverbot. Welche Position die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten Union in Verdi (DJU) zur Vergütungspraxis einnimmt, erläutert DJU-Bundesgeschäftsführerin Cornelia Haß im Interview.
Eigentlich war für Ende Juni der jährliche Geldregen angekündigt. Doch die Verwertungsgesellschaft Wort hat die Ausschüttung ihrer Einnahmen gestoppt. Denn ein Gerichtsurteil stellt die bisherige Verteilung an Autoren und Verleger infrage. Nur auf den ersten Blick ist das ein Sieg für die Urheber.