Professor für Medienwissenschaft an der Universität Tübingen: "deutsche Tageszeitungen haben in den letzten zehn Jahren etwa fünf Millionen Käufer verloren, zahlreiche Magazine sind vom Markt verschwunden oder ächzen unter der Anzeigenflaute und müssen die Preise erhöhen. Das Netz sorgt dafür, dass existenziell wichtige Einnahmen wegbrechen, Anzeigen abwandern, die nicht mehr zurückgewonnen werden können. Und die User sind (dies erweist sich als nicht mehr korrigierbarer Fehler) längst an die Gratiskultur gewöhnt und wollen für hochwertige publizistische Angebote und damit auch für die große Reportage nicht mehr selbstverständlich bezahlen. Kurzum: der Qualitätsjournalismus hat ein echtes Refinanzierungsproblem und droht seine Basis zu verlieren – ohne dass ökonomisch robuste Alternativen in Sicht wären, ohne dass sich das Trägermedium der Zeitung oder der Zeitschrift einfach austauschen ließe und man mit ein paar Multimedia-Slides auf einer Website echte Abhilfe oder ernst zu nehmende Alternativen schaffen könnte. Gleichzeitig regiert in der Branche eine längst kontraproduktiv gewordene Lust an der Apokalypse und ein modernisierungshungriger Opportunismus, der das Medium des Gedruckten und die mit ihm eng verbundene Kultur der allmählichen, der notwendig verzögerten Produktion und Reflexion vorschnell verloren gibt. Der Printmarkt wird längst als"Dead Tree Industry" verspottet...Blogger und Medienjournalisten und auch Medienwissenschaftler überbieten sich inzwischen wechselseitig in ihren oft euphorisch-brüllenden Prognosen, wann die letzte Zeitung gedruckt wird – und sie übersehen dabei: noch gibt es kein publizistisches Forum, das in ähnlicher Weise Themen von allgemeiner Relevanz auf die Agenda zu setzen vermag, sie überhaupt professionell auszuwählen und publikumsgerecht zu arrangieren verstünde. Deshalb muss man ihnen entgegenhalten: Der Qualitätsjournalismus der Zeitungen und Zeitschriften wird – trotz aller sehr realen Schwierigkeiten – gegenwärtig viel zu leichtfertig und viel zu früh ins Grab geredet."
"Reporter haben kein Gratisbier zu verschenken - denn Journalismus der nichts kostet, ist nichts wert. Sechs Anmerkungen, wie man Qualitätsjournalismus retten könnte..."