Prantl widerspricht dem Plädoyer des Philosophen Jürgen Habermas und des früher für die Pressefreiheit zuständigen Bundesverfassungsrichter Dieter Grimm, Zeitungen künftig staatlich zu finanzieren: „Ich will…vor allem deswegen…keinen Notgroschen für die Zeitungen, weil ich die Not der Zeitungen, über die allenthalben geklagt wird, so nicht sehe. Ich sehe eher einen merkwürdigen journalistischen Dekadentismus, der eine Mischung ist aus Melancholie, Leichtlebigkeit, Weltschmerz und vermeintlicher Ohnmacht gegenüber Anzeigenschwund und Internet, gegenüber dem Stand und dem angeblichen unaufhaltsamen Gang der Dinge" (PRANTL 2009a, S.2). Auch wenn sich Prantl gegen staatliche Unterstützung aus, ist er zugleich (mit Verweis auf das FAZ-Stiftungsmodell) Befürworter einer Zeitungsstiftung als „wahre Gemeinwohl-Stiftung“. „Es ist ja bitteschön nicht so, dass die Zeitungen in Deutschland…seit Jahren in der Verlustzone drucken. Sie machen nur nicht mehr so hohe Gewinne wie zuvor. Das kommt in den besten Unternehmen vor…Die Verlage nutzen aber die angebliche Not für überzogene Notwehr. Viele der sogenannten Restrukturierungsmaßnahmen und Kündigungswellen in deutschen Medienhäusern sind Putativnotwehrexzesse – die zugleich, und das ist das wirklich Tragische, die Basis für künftiges Gedeihen der Presseunternehmen gefährden. Die deutschen Zeitungen...brauchen Verleger, die einen solchen Journalismus schätzen, die also von ihren Zeitungen mehr wollen als Geld, die stolz sind darauf, dass sie Verleger sind; und denen dieser Stolz mehr bedeutet als ein oder zwei Prozent mehr Gewinn“
(PRANTL 2009a, S.3). „Man sollte endlich damit aufhören, Gegensätze zu konstruieren, die es nicht gibt – hier Zeitung und klassischer Journalismus, da Blog mit einem angeblich unklassischen Journalismus. Man sollte damit aufhören, mit ökonomischem Neid auf die Blogs zu schauen. Mit und in den Blogs wird sehr viel weniger Geld gemacht als mit den Zeitungen. … Der gute klassische ist kein anderer Journalismus als der gute digitale Journalismus. …Es gibt guten und schlechten Journalismus, in allen Medien...Die Ausweitung des wissbaren Wissen durch das Netz (der Philosoph Martin Bauer nennt es die horizontale Erweiterung des Wissens) wird auf Kosten ihrer Vertiefung erwirtschaftet (also, nach Bauer, ihrer Vertikalisierung). Kurz: Die Datenmenge nimmt zu, aber die Datenverarbeitung bleibt aus. Da kommt dem Journalismus eine neue Aufgabe zu: Gegen Datentrash hilft nur Reflektion und Hintergrundbildung. Daher muss der Print-Journalismus auf die Medienrevolution auch mit der Erfindung neuer „Formate“ reagieren, in denen er eine Aschenputtel-Aufgabe wahrnimmt: Die guten ins Töpfchen, die schlechten ins Kröpfchen“ (PRANTL 2009a, S.5). Es besteht wie noch nie seit 1945 die akute Gefahr, dass der deutsche Journalismus verflacht und verdummt, weil der Renditedruck steigt; weil an die Stelle von sach- und fachkundigen, nicht von Interessengruppen bezahlten Journalisten immer öfter von Produktionsassistenten für Multimedia gesetzt werden, wieselflinke Generalisten, die von allem wenig und von nichts richtig etwas verstehen. Aus dem Beruf, der heute Journalist heißt, wird dann ein multifunktionaler Verfüller von Zeitungs- und Webseiten. Solche Verfüllungstechnik ist allerdings nicht die demokratische Kulturleistung, zu deren Schutz es das Grundrecht der Pressefreiheit gibt...Das Muster kennt man…aus den USA: Journalisten werden entlassen, Korrespondenten eingespart, Redaktionen aufgelöst, eigene Texte durch solche von Agenturen ersetzt oder billig eingekauft. Die Chefredaktion verwandelt sich in eine Geschäftsführung“ (PRANTL 2009a, S.8). „Der Inhalt der Zeitung wird ein anderer sein, als man es bisher gewohnt war, aber sie wird immer noch und erst recht Zeitung sein…Es wird auch Texte und Formate geben müssen, die den Datentrash des Internet sortieren, ordnen und bewerten…ich glaube, dass sich viele
Zeitungsleser das auch etwas kosten lassen werden – und dass es User geben wird, die genau deswegen zur Zeitung finden werden" (PRANTL 2009a, S.9). „Ein Billigjournalismus ist zum Wegwerfen, nicht zum Lesen. Wenn sich eine Zeitung an Anzeigenblättern orientiert, ist sie keine Zeitung mehr, sondern eben ein Anzeigenblatt, das nicht einmal mehr ausreichend Anzeigen kriegt...Prantl über das Internet: „Kein neues Medium hat je die alten Medien verdrängt. Es kommt zu Koexistenzen. Das Internet ersetzt nicht gute Redakteure, es macht gute Journalisten nicht überflüssig; im Gegenteil: es macht sie noch wichtiger als bisher...„Qualität kommt von Qual: Dieser Satz verlangt von Journalisten in allen Medien, auch im Internet, dass sie sich quälen, das Beste zu leisten – und er verlangt von den Verlegern, dass sie die Journalisten in die Lage versetzen, das Beste leisten zu können. Dann hat Journalismus eine glänzende Zukunft“ (PRANTL 2009a, S.10).